Mittelalterliche Münzen

Das Mittelalter bezeichnet die Epoche in der europäischen Geschichte, die zwischen der Antike und der Neuzeit angesiedelt wird. Zeitlich erstreckt es sich von der Zeit der Völkerwanderung (4. bis 6. Jhd.) bzw. dem Untergang des weströmischen Reiches 476 bis hin zur Renaissance, die Mitte des 15. Jhds. einsetzt. Die Zeitansätze variieren je nach dem betrachteten Aspekt der Entwicklung oder der Region, z.B. der Fall Roms 476 oder die Hedschra Mohammeds 622. Ebenso gibt es unterschiedliche Datierungsansätze für das Ende des Mittelalters, wie die Erfindung des Buchdrucks (um 1450) oder die Reformation (1517). In Italien war um 1420 bereits das Zeitalter der Renaissance angebrochen, während man zur gleichen Zeit in England noch vom Mittelalter spricht. Sozialgeschichtlich endet das Mittelalter erst gegen 1800 mit der Aufhebung der Leibeigenschaft. Das Mittelalter wird in drei Zeitphasen gegliedert: das Frühmittelalter reicht vom 5. bis ins 11. Jhd., das Hochmittelalter vom 11. bis zum 13. Jhd. und das Spätmittelalter vom 13. bis in das beginnende 16. Jhd.

Das Frühmittelalter (5.-11. Jhd.)

Das Frühmittelalter umfasst die Zeit der Völkerwanderung, die fortschreitenden Christianisierung Europas, das Frankenreich bis hin zur Entstehung des römisch-deutschen Kaiserreichs und seinen Kämpfen mit dem erstarkenden Papsttum. Die Verbreitung des Islam und sein rasches Ausgreifen nach Europa prägen die Geschichte des Mittelmeerraumes. Wirtschaftlich gesehen ist es eine Zeit der Naturalwirtschaft, die Gesellschaft besteht aus Adeligen, Grundherren, freien Bauern und Leibeigenen. Die kulturelle Überlieferung des antiken Wissens ruht in den Stürmen der Völkerwanderungszeit auf dem byzantinischen Reich (Ostrom) bzw. im Westen auf den Klöstern sowie auf den Gelehrten des arabisch-muslimischen Kulturkreises.

Der Umlauf von Münzen ging von der Spätantike hin zum Frühmittelalter stark zurück, der Tauschhandel dominierte, größere Geldgeschäfte wurden oft mit ungemünzten Metall getätigt. Als Vorbild für ausgegebene mittelalterliche Münzen dienten die römischen Vorbilder, die Münzordnungen legten meist nur das Gewicht der Münzen fest, nicht aber ihre Gestaltung. Das Merowingerreich (5. Jhd. bis 751) kannte noch eine Münzprägung in Gold- und Silber. Im fränkischen Reich und seinen Nachfolgereichen war der silberne Denar oder Pfennig der nahezu alleinige Münztyp. 794 setzte Karl der Große im ganzen Reich eine einheitliche Münzprägung durch, die die Ausprägung nur in vom Herrscher kontrollierten Münzstätten vorsah; 818 erscheinen in den Kapitularien Kaiser Ludwigs des Frommen erstmals Strafvorschriften gegen Falschmünzerei. Gegen Mitte des 9. Jhds. war die straffe und zentrale Geldpolitik der Karolinger schon erheblich aufgeweicht, da zunächst ausgewählten geistlichen und später auch weltlichen Fürsten das Münzrecht zugesprochen wurde. Die Zahl der Münzstätten stieg an, die Qualität (Feingehalt) der Silberdenare hingegen begann zu sinken. Das königliche Münzrecht verlor seine Monopolstellung, was sich gegen 1100 an der Vielzahl der unterschiedlichen Varianten des Pfennigs ablesen lässt. In der Numismatik spricht man ab dem 12. Jhd. von der Periode des regionalen Pfennigs.

KAROLINGER. Karl der Große (800-814). Denar, unbestimmte Münzstätte. 1,53g. KARLVS IM AVC. Büste r. mit Lorbeerkranz und umgelegtem Mantel // Kirchengebäude

KAROLINGER. Ludwig der Fromme (814-840). Denar, unbestimmte Münzstätte (wahrscheinlich Aachen). 1,69g. Brustbild r. mit Lorbeerkranz // Kirchengebäude.

QUEDLINBURG. Abtei. Adelheid III. von Sachsen (1161-1184). Brakteat. 0,85g. Äbtissin sitzt v. v. mit geöffnetem Buch und Kreuzstab, zwischen zwei Türmen, darüber Bogen mit Zinnenmauer und Turm.

Das Hochmittelalter (11.-13. Jhd.)

Mittelalterliche Münzen aus dem 11.-13. Jahrhundert gehören zum Hochmittelalter. Das Hochmittelalter war gesellschaftlich geprägt durch das Lehnswesen; es gilt als die Blütezeit des Rittertums und des Minnesangs. Es ist aber auch die Epoche der Auseinandersetzung zwischen weltlicher und geistlicher Macht im Investiturstreit. Der starke Einfluss der Kirche auf die Politik zeigt sich u.a. in den Kreuzzügen zur Befreiung des Heiligen Landes. Im Zuge der Kreuzzüge entwickelt sich ein Fernhandel mit der Levante, von dem insbesondere die italienischen Stadtstaaten profitieren. Die Geldwirtschaft gewann gegenüber der Naturalwirtschaft vor allem durch eine Welle von Städtegründungen immer stärker an Bedeutung. Neben den im süddeutschen Raum und im Rheinland weiterhin ausgeprägten dicken Pfennigen entstand Mitte des 12. Jhds. ein weiterer Münztyp von dünnen, einseitig ausgeprägten Pfennigmünzen, den sogenannten Brakeaten. Aufgrund der geringen Dicke vergrößerte sich der Durchmesser der Münzen, was Gelegenheit für eine so kunstvollere Gestaltung der Münzbilder bot, das man zuweilen von romanischer Kleinkunst auf den Münzen spricht. Zwar blieben Herrscherbilder dominierend, es tauchten aber zunehmend andere Motive auf, wie z.B. Darstellung von Reitern oder sprechende Wappen. Geografisch lag der Schwerpunkt der Brakteatenprägung in Mitteldeutschland und im Bodenseeraum/Oberschwaben. Sie wurden von Zeit zu Zeit „verrufen“, d.h. für ungültig erklärt und von den Münzherren zurückgefordert, um sie gegen neue Münzen umzutauschen, die meist etwas geringhaltiger waren. Da solche Münzverrufungen immer rascher aufeinander folgten, entstand in der Bevölkerung Unmut und der Ruf nach einem dauerhaften Geld, was letztendlich zur Aufgabe der Brakteatenprägung führte. Ziel war letztendlich die Realisierung des Gewinns aus der Münzprägung durch einen Währungszwang und ein Wechselmonopol, d.h. vor Ort galt nur ein bestimmter, vom Marktherrn sanktionierter Pfennigtyp, alle anderen Münzen mussten zu einem vom Marktherren festgesetzten Wechselkurs getauscht werden. Die eigentliche Leistung des Hochmittelalters allerdings liegt in der Ausweitung der Pfennigwährung auf Räume, die bis dahin münzlos waren. Dies ist eng verbunden mit der Christianisierung und Kolonisierung des östlichen und nördlichen Europas.

Das Spätmittelalter (13.-16. Jhd.)

Mittelalterliche Münzen ab dem 13. Jahrhundert gehören zu Prägungen des Spätmittelalters. Das Spätmittelalter ist die Zeit des Bürger- und Handwerkertums in den Städten, der Internationalisierung des Handels. Seit etwas 1280 bis gegen 1350 erlebt Europa eine Reihe von krisenhaften Entwicklungen, die zu starke Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur führten; nicht zuletzt ausgelöst wurden sie durch die Pest und den damit verbundenen Bevölkerungsrückgang sowie die Zunahme von Wüstungen. Als Übergangsphase betrachtet man im Allgemeinen die Zeit der Renaissance (ca. 14.-16. Jhd.), die Entdeckung insbesondere der „Neuen Welt“ durch Christoph Kolumbus 1492, die Erfindung des Buchdrucks 1450 und die damit beschleunigte Verschriftlichung des Wissens, den Verlust des Einflusses der institutionalisierten katholischen Kirche und den Beginn der Reformation. Durch die Eroberung Konstantinopels durch die Türken 1453 ging mit dem byzantinischen Reich das letzte lebendige Überbleibsel der Antike unter.

Mit dem Aufkommen von höherwertigen, nicht mehr überall zu produzierenden Gold- und Silbermünzen ab der Mitte des 13. Jhds. wurden die regionalen Geldkreisläufe zurückgedrängt, blieben aber weiterhin erhalten. Diese Entwicklung vollzog sich nicht überall in gleicher Weise und zur gleichen Zeit. Sie ging von den italienischen Handelsstädten aus, allen voran von Florenz mit den hier ausgegebenen Florenen und von Venedig mit den erstmals 1284 geprägten Dukaten (Zechinen). Infolge des wirtschaftlichen Einflusses der Städte verbreiteten sich die Münzen rasch und dienten als Vorbild für eigene Prägungen. Zum Silber trat nun als zweites Währungsmetall wieder das Gold. Nach dem Auffinden großer Silbervorkommen entstanden in Böhmen und Sachsen erstmals größere Silbermünzen, die Groschen im Wert von zwölf Pfennigen. Blickt man auf diese mittelalterlichen Münzen zeigten deren Münzbilder verstärkt den Fürsten des jeweiligen Territoriums. Insgesamt ergaben sich nun drei Kategorien des Geldes: Goldgeld, Groschengeld und Pfenniggeld. Hinzu kam eine Erhöhung der Geldmenge, die dem gestiegenen Bedarf an Zahlungsmitteln Rechnung trug. Dies führte bei Ländern, die über keine eigenen Edelmetallvorkommen verfügten, zu erheblichen Problemen, da die Nachfrage as Vorkommen weit übertraf. Gebiete wie Sachsen, Böhmen, Ungarn oder Tirol mit eigenen Silber- und Goldgruben waren im Vorteil. 1486 entstand in Tirol die erste Großsilbermünze, der Taler, 1500 folgte man in Sachsen diesem Beispiel und gab große Silbermünzen aus, die im Wert den in Gold ausgeprägten Goldgulden und Dukaten entsprachen.

MAINZ. Erzbistum. Johann II. von Nassau (1397-1419). Goldgulden o. J. (1399-1402), Höchst. 3,51g. Stehender Johannes der Täufer // Im Vierpass vier Wappen um Herzschild angeordnet.

VENEDIG. Francesco Donato (1545-1553). Zecchino o.J.3,48g. Christus übergibt dem vor ihm knienden Dogen die Fahne // Christus in Mandorla

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